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Das Mass aller Dinge (Familie und Beruf)

Veröffentlicht am 1. Juli 2022

Autorin: Alexandra Schläfli

Massgeschneiderte Familien

Aenne Burda ermöglichte mit ihren Schnittmusterbögen jeder Frau zuhause die perfekte Haute Couture nach Zuschneidern. Eine Unternehmerin mit Kindern – was damals einer Revolution nahekam, ist heute 50 Jahre später immer noch ein Thema wert. Gibt es das massgeschneiderte Kleid auch für die massgeschneiderte Familienstruktur? Haben wir eine Anleitung?  

Familie und Beruf, Stolz sein

Eigentlich ein sehr merkwürdiges Thema, denn seit es uns Menschen gibt, wird eine Frau nie von einer Familie getrennt. Schon damals bei den Neandertalern wurde eine kinderlose Frau in die Familie integriert und übernahm diverse Aufgaben in der Sippe. Ob mit oder ohne Kinder, wir Frauen arbeiten immer. Denn auch eine Hausfrau erledigt alles Mögliche, damit der Alltag funktioniert. Viel wichtiger ist eigentlich die Frage, wie gut können wir Frauen unsere Begabungen und Fähigkeiten voll umfänglich nutzen. Kommen wir dazu? Ist unser heutiges gesellschaftliches Modell massgeschneidert? Nein. Warum nicht? Was haben wir in all den Jahren nicht geschafft? Da gibt es für mich nur eine Antwort: Wir leben nicht die Familie, sondern dass Du und ich oder die Geschlechter Thematik. Dabei geht es doch um die massgeschneiderten Strukturen: KITA, Schule, Ausbildung, Arbeitsstelle. Auch diese müssen über die Jahre mit den Anforderungen mitwachsen und nicht in den Kinderschuhen stecken bleiben, denn sonst drückt es und wird unbequem. Wer will sich so einen schmerzenden Schuh schon anziehen. Sind die Sippen unserer Nachbarländer besser unterwegs und können wir von ihnen lernen? Was ist mit dem «voneinander lernen» auch über die eigenen Grenzen hinaus? Meine Grossmutter hatte ein unglaublich feines Rezept für Erdbeerkonfitüre. Mit vielen Tricks von ihr und ihrem Wissen durfte ich dieses Gonfi-Rezept lernen, so dass ich es heute meinen Kindern weitergeben kann. Ich kann mich noch gut an das Mehrgenerationenhaus erinnern. Dieses wird heute auf eine andere Art und Weise gelebt. Das Grosi mit dem Ätti kommen dann vorbei und übernehmen liebevoll und fürsorglich meistens 1-2 Tage in der Woche, damit der berufliche Familienalltag überhaupt funktioniert. Ohne diese alte wundervolle Generation würde unsere Gesellschaft nicht klarkommen. Es braucht alle, jeden – mit und ohne Kind. Mann und Frau – und es braucht alle Fähigkeiten jedes einzelnen. Wir dürfen uns da nicht alles verbauen, tun es aber mit unseren Abgrenzungen: DU, ICH, ER, SIE. Es ist ein WIR. Ein WIR ALLE. Kinder müssen auch wieder mithelfen, ein Teil der Gesellschaft, der Familie sein. Nicht heranwachsen und keine Aufgabe haben. Den Kindern mehr zutrauen, zumuten, damit sie auch die Gemeinschaft und Wertigkeit einer Familie leben. Passivität eines Kindes und nur der Mittelpunkt der Familie sein, ist für ein Kind langfristig schwer zu ertragen und mit Frust verbunden. Es geht uns Frauen und Müttern doch genau so, wenn wir uns im Leben nur reduziert einbringen können. Dann fehlt uns unsere eigene Person. Wir haben so viele Fähigkeiten, denn Kinder bekommen und zu Erwachsenen erziehen dauert weniger lang als unsere heutige Lebenserwartung. Wir sind doch jemand. Wir können stolz auf uns sein. Und dann haben wir auch noch die von Mutternatur erhaltene Gabe Kinder zu bekommen. Etwas was der Mann nie kann. Wir können also alles unter einen Hut bringen und uns an früher erinnern. Da hat man gar nicht drüber nachgedacht, ob man arbeiten soll oder nicht. Da musste jeder, da wollte jeder.

Schnittmuster Haute Couture, Home made

Aenne Burda, Audrey Hepburn, Marie Curie, ja auch eine Beate Uhse für die Freuden des Lebens und der Selbstbestimmung, sind wundervolle Frauen, die ihre Fähigkeiten mit ihren Kindern unter einen Hut brachten. Meine Familie ist tatsächlich auch so ein altes Modell oder ein neuzeitliches Modell, aber bei genauerem betrachten ist es eigentlich wie früher: ein Geben und Nehmen, ein sich austauschen und füreinander da sein. Ich habe immer gearbeitet, meine Mutter, auch meine Grossmutter und sogar meine Urgrossmutter mütterlicherseits. Sie besass einen noblen Tabakladen mit Mahagoniregalen und im Nebenraum stand ein grosser Flügel, dort konnte man auch rauchen.

Meine drei Mädels sind bereits erwachsen, haben eine grossartige Ausbildung erhalten und stehen mitten im Berufsleben. Wir Frauen sollten wohlwollend mit der Freundin, Nachbarin oder Kollegin umgehen und einander unterstützen, wo wir können. Den Mann nicht nur zum Jagen schicken, sondern wie auch unserem Sohn alles lehren, damit er im Notfall übernehmen kann. Es ist ein miteinander.

Fazit: Massgeschneiderte Familien finden wir immer überall, leider keine massgeschneiderten Strukturen, die uns Frauen das Leben erleichtern würden. Diese sollten wir dringend in Angriff nehmen. Eine KITA und die ÖV sollten vor Ort nichts kosten, da diese über die Gemeinden finanziert werden. So wäre doch eine Mobilität für die Familienstruktur gegeben und die Autofahrerei keine ständige Debatte.

Heute bin auch ich bereits eine Grossmutter, ein arbeitendes stolzes Omeli und auch noch selbständig. Meiner Enkeltochter werde ich Mut machen «selber zu denken» und ihr sagen: man lernt im Leben nie aus. Sei neugierig, die Welt steht dir offen!   

Über die Autorin

Kreatives Leben

Dank den flexiblen Arbeitsmöglichkeiten als Grafikerin habe ich den Kontakt zur Arbeitswelt nie vollständig verloren und mich temporär oder projektbezogen engagiert. Nach 14 Jahren in einem spannenden Umfeld habe ich den Schritt in die Selbständigkeit gemacht und mein www.atelierschlaef.li gegründet. Mein Thema; wie könnte es auch anders sein: Kinder.

Stolze Mutter von drei erwachsenen Töchtern – zwei davon Zwillinge und frisch gebackene Grossmutter einer Enkelin.

Atelier Schläfli
Alexandra Schläfli

Telefon: +41 79 222 76 64
E-Mail: atelier@schlaef.li
Webseite: www.atelierschlaef.li

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