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Too Green to Sell? – Warum Nachhaltigkeit nicht gut verkauft

Veröffentlicht am 16. Dezember 2024

Autorin: Johanna Gollnhofer

Woran denkt ihr, wenn ihr das Wort Nachhaltigkeit hört? Ist es für euch positiv besetzt – oder ganz ehrlich: Zucken da auch ein paar negative Assoziationen durch euren Kopf? Vielleicht etwas wie: teurer, Verzicht, Veränderung, Vertrauensverlust, oder schlicht: anstrengend?

Die gute Nachricht: Ihr seid nicht allein.
Die schlechte Nachricht: Nachhaltigkeit hat ein echtes Imageproblem.

Wissenschaftlicher Reality-Check: Nachhaltigkeit schreckt ab

Wir träumen von einer Welt, in der sich jeder nach dem «grünen» Regal reckt. Die Realität? Menschen reagieren viel weniger euphorisch auf Nachhaltigkeit, als wir glauben.

Ein Beispiel aus der Forschung: Wenn Konsumenten zwischen einem «normalen» und einem «nachhaltigen» Desinfektionsmittel wählen, greifen sie seltener zur nachhaltigen Variante. Warum? Weil sie befürchten, dass «nachhaltig» gleichbedeutend mit «schlechter» ist. Nachhaltigkeit wird also oft als Synonym für Verzicht wahrgenommen. Und mal ehrlich: Wer verzichtet schon gerne?

Die Zahlen geben dieser Skepsis recht. Laut einer Analyse des Umweltbundesamts liegt der Marktanteil nachhaltiger Produkte in Deutschland bei unter 20% – und das seit Jahren ohne nennenswerten Zuwachs. Klingt fast so, als wären manche Produkte einfach «too green to sell».

Zwei Ansätze, um das Image von Nachhaltigkeit aufzupolieren

Doch keine Sorge, das Imageproblem ist lösbar. Hier zwei frische Ansätze, die Nachhaltigkeit nicht nur besser verkaufen, sondern vielleicht sogar begehrlich machen:

Ansatz 1: Lasst uns eine sexy Story erzählen!

Die alten Narrative von brennenden Wäldern und sterbenden Eisbären? Funktionieren einfach nicht. Klar, sie alarmieren – aber sie motivieren nicht. Was wir brauchen, ist ein positiver Blick in die Zukunft. Eine Story, die Spass macht und Lust weckt.

Nachhaltigkeit muss attraktiv, inspirierend und fast schon «sexy» sein. Es geht nicht darum, Konsumenten ein schlechtes Gewissen einzureden, sondern sie für eine grünere Zukunft zu begeistern. Wer kauft schon gerne, weil er sich schuldig fühlt? Eben.

Ansatz 2: Nachhaltigkeit ohne grosses Trara – «accidentally sustainable

Manchmal ist es schlauer, nicht zu viel zu reden. Das Konzept: Produkte sind nachhaltig, aber keiner macht eine grosse Sache daraus. Ein Beispiel? Oreo. Wusstet ihr, dass die Kekse vegan sind? Nein? Genau darum geht’s.

Ein anderes Beispiel: Magnums veganes Bourbon-Vanille-Eis. Früher war die Verpackung grün, «Vegan» stand fett auf dem Etikett. Und heute? Die Farbe ist cooles Violett, das Wort «vegan» wurde geschrumpft. Plötzlich wirkt das Produkt nicht mehr wie ein Statement, sondern einfach wie ein verdammt leckeres Eis – das zufällig vegan ist.

Dieser Ansatz – nennen wir ihn «accidentally sustainable» – ist das Gegenteil des aktuellen Trends, Nachhaltigkeit oder verwandte Begriffe überall plakativ aufs Etikett zu schreiben. Und vielleicht ist genau das der Schlüssel, um Menschen den grünen Gedanken schmackhafter zu machen.


Über die Autorin

Prof. Dr. Johanna Gollnhofer ist Professorin für Marketing an der Universität St. Gallen. Sie forscht an der Schnittstelle zwischen Marketing und Nachhaltigkeit.

Sie ist Ko-Autorin des Buches: «Das 60% Potenzial – Mit Marketing die breite Masse für grünen Konsum begeistern» (Campus Verlag), welches on GetAbstract mit einer 9/10 bewertet wurde. Eine Zusammenfassung zu den Key Insights des Buches gibt es auf YouTube.

Universität St. Gallen
Johanna Gollnhofer

Webseite: johanna-gollnhofer.com
Email: johanna.gollnhofer@unisg.ch
Telefon: +41 786 34 23 00

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