Mädchenförderung– wichtiger als je zuvor!
Autorin: Dina Mazzotti
Ich schreibe diese Zeilen während meines Timeouts in Schweden, einem Land, in dem Frauen problemlos Kaminfegerin, Lastwagenfahrerin oder Informatikprofessorin werden können, wenn dies ihrem Wunsch und ihren Fähigkeiten entspricht. Das entspricht dem Gleichheitsgedanken des schwedischen Volkes, dem Jantelagen, einem Terminus, den wenig andere Sprachen kennen.
Im Schulwesen ist es oft so, dass die Jungs auffallen. Meist negativ. Das kann sein, weil ein grosser Teil des traditionellen Unterrichts auf brave, fleissige Kinder –also hauptsächlich Mädchen– ausgerichtet ist. Auf jene, die möglichst schon von der 1. Klasse an ruhig sitzen können und ausführen, was man ihnen vorsetzt. Klingt jetzt ketzerisch, aber glaub mir, ich habe in meinem Berufsleben in so viele Klassenzimmer gesehen, dass ich das so sagen darf.
Sind Mädchen weniger intelligent als Jungs?
Nein. Definitiv nicht. Es gibt in den extremen Ausprägungen, also bei kognitiv ganz starken und ganz schwachen Kindern, eine minime Ausprägung der Jungs. Aber die Forschung macht glaubhaft, dass diese nicht relevant ist. Wir gehen also davon aus, dass Intelligenz geschlechterunabhängig ist.
Mädchen und Jungs sind gleich intelligent
Warum werden dann bei Beratungsstellen, wie auch bei mir in «begabt und glücklich», fast doppelt so viele Buben zur Potenzialevaluation, umgangssprachlich oft «Abklärung» genannt, angemeldet? Die Krux besteht vor allem darin, dass hochbegabte Mädchen viel seltener erkannt werden.
Entsprechend finden sich auch in Förderprogrammen meist mehr Knaben als Mädchen – weil die verantwortlichen Lehrpersonen, aber auch die Bezugspersonen, zu wenig informiert und sensibilisiert sind.

Unterschiedliches Verhalten
Meist sind hochbegabte Mädchen angepasster und ihre Verhaltensweisen unauffälliger als jene hochbegabter Jungs. Oft scheinen ihre Interessen weniger „spektakulär“ und trotz Unterforderung in Schule und Kindergarten stören sie auch meist weniger als Knaben. Ihre Reaktionen bestehen häufig aus Rückzug und münden nicht selten in Depressionen oder psychosomatischen Beschwerden. Zusätzlich tendieren hochbegabte Mädchen dazu, sich den Erwartungen ihrer sozialen Umwelt anzupassen, da sie aufgrund ihrer erhöhten sozialen Sensibilität Ausgrenzung und Andersartigkeit oft intensiver wahrnehmen. Mädchen ist es vielfach wichtiger, sich ihren Freundinnen anzugleichen, was ihnen durch die meist höhere Sozialkompetenz entsprechend auch oft besser als den Jungs gelingt. Der Preis ist auch hier eine Anpassung gegen unten, ein Negieren ihres Potenzials. Immer wieder sehen wir auch Mädchen, die bei Tests absichtlich Fehler machen, um nicht aufzufallen. Ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft
Mädchen sollten ihr hohes Potenzial kennen
Hochbegabte Mädchen, die nicht um ihr Potenzial wissen, weisen oft weniger Vertrauen in ihre eigene intellektuelle Leistungsfähigkeit auf und neigen dazu, ihre Möglichkeiten zu unterschätzen. Ihre hervorragenden Leistungen und Erfolge schreiben sie meist ihrem hohen Einsatz, Glück oder zu einfachen Aufgabenstellungen zu. Dieses Verhalten kennen wir aus Forschung und Praxis. Hochbegabte Jungs tendieren dagegen eher zur Aufwertung ihrer Leistungen. Tendenziell überschätzen sie ihre Fähigkeiten und führen ihre Leistungen meist auf ihre hohen Talente zurück.
Wissen Mädchen hingegen um ihre hohe Begabung, unterscheiden sich in ihrer Selbstdarstellung nicht von den Jungen. Darum ist ein Erkennen einer Hochbegabung bei Mädchen besonders wichtig. Optimalerweise geschieht dies nach dem sechsten Geburtstag, weil sich zu diesem Zeitpunkt grosse Entwicklungssprünge bereits ein wenig ausnivelliert haben. Nebst einer angemessenen intellektuellen Förderung sind für diese Mädchen vor allem eine Stärkung des Selbstkonzepts sowie der Austausch mit anderen (hoch) begabten Mädchen wichtig.

Positive weibliche Vorbilder
Hier sind vor allem wir Mütter und Frauen, Lehrerinnen, Mentorinnen, Kolleginnen und Therapeutinnen aufgerufen! Wie leben wir unsere Potenziale und Fähigkeiten? Wie sichtbar sind wir? Zusätzlich ist es wichtig, dass wir Frauen den Mädchen unbedingt eine Spiegelung ihrer Intelligenz durch positive Verstärkung, gezielte Ermutigung und konstruktives Feedback zukommen lassen!
Leider gibt es auch im Jahr 2022 immer noch Frauen, die mit Neid und Konkurrenzdenken patriarchalische Strukturen erhalten und andere Frauen ausbremsen. Wir alle, die mit Mädchen und jungen Frauen zu tun haben, sind aufgefordert, diesen Turnaround einzuleiten.
Hochbegabte Mädchen tragen zu Problemlösungen bei
Das Potenzial der jungen Generation ist eine unschätzbare Ressource, auf die wir angewiesen sind. Diese Menschen werden die richtungsweisenden Schritte zu den Antworten auf die Fragestellungen der Zukunft einleiten müssen. Wollen oder können wir es uns tatsächlich leisten, die weiblichen 50% dieses kreativen Pools durch ignorante und veraltete Sichtweisen brach liegen zu lassen?

Der Dalai Lama sprach 2009 auf der Weltfriedenskonferenz in Vancouver einen Satz aus, der mir immer wieder Gänsehaut verursacht:
„The world will be saved by the western women“
Dieser Satz berührt mich sehr. Er kitzelt an meiner Überzeugung, dass wir Frauen aufhören sollten, unser Licht unter den Scheffel zu stellen. Diese Frauen der westlichen Welt, die die Erde retten werden, das sind wir alle! Das sind auch die jungen Influencerinnen, ehrgeizige Karrierefrauen, bewusste Mütter, interessierte Studentinnen, die schulpflichtigen Teenager, die süssen Mädchen aus der Krabbelgruppe, unsere ungeborenen Töchter und Enkelinnen!
Ich hoffe und bete dafür, dass wir kluge Frauen für die Arbeit in Führungspositionen von Grosskonzernen und politischen Gremien finden. Auf dass der Krieg, der leider immer noch in der Ukraine tobt, der letzte sei!
Wenn du Support für dein Powergirl brauchst, unterstütze ich dich gern! Powerboys natürlich auch – damit möglichst viele talentierte Kinder begabt und glücklich aufwachsen können!
Über Dina:

Dina Mazzotti ist Begabungsexpertin, Lehrerin, Dozentin, Autorin, Bloggerin und Mutter mit Lebensmittelpunkt in Rothenburg und Luzern. Sie berät Familien und Schulen rund ums Thema Hochbegabung und liebt es, Kinder und ihre Schulen zu begleiten und vor Ort unkonventionelle Lösungen zu finden. Ihre Schwerpunkte liegen bei der Identifizierung und Förderung hochbegabter Mädchen als Powerfrauen von morgen.
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Dina Mazzotti
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