Lerne von der Natur: Warum Rückschläge unser Wachstum fördern - womenbiz

Lerne von der Natur: Warum Rückschläge unser Wachstum fördern

Veröffentlicht am 14. Juli 2025

Autorin: Susanna Roffler

Wenn mich Themen aus dem Alltag beschäftigen – Entscheidungen, Zweifel oder das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben – dann zieht es mich in den Wald. Dort finde ich, was mir zwischen Emails, Erwartungen und Terminen oft verloren geht: Ruhe, Klarheit und Raum zum Reflektieren.

Neulich im Wald blieb mein Blick an einem alten Baumstumpf hängen. Der Baum war schon vor längerer Zeit gefallen. Zurück blieb nur der verwitterte, mit Moos bewachsene Stamm, scheinbar leblos. Und doch entstand genau dort, wo einst seine Krone in den Himmel ragte, ein neuer Lebensraum. Aus dem, was zerbrochen war, erwachte neues Leben. Diese Szene berührte mich tief. Sie erinnerte mich daran, wie oft wir unsere «Fehler» als Bruch erleben – als Trennung von dem, was wir eigentlich sein wollten. Doch was, wenn genau dort, wo etwas endet, etwas anderes beginnt?

Perspektivenwechsel

In der Natur fällt es mir leichter, liebevoll auf das zu blicken, was nicht nach Plan lief. Reflexionsfragen helfen mir, mit vermeintlichen «Bruchstellen» umzugehen:

  • Was hat mich aus dem Gleichgewicht gebracht und was hat mich getragen?
  • Was darf ich aus dieser Erfahrung mitnehmen, ohne mich zu verurteilen?
  • Was könnte ich beim nächsten Mal anders machen? Welche anderen Lösungsansätze gibt es?
  • Wo bewerte ich mich selbst strenger, als ich es bei anderen tun würde?

Innere Haltung: Natur als Lehrmeisterin

Im Wald spricht niemand von Fehlern. Es gibt kein richtig oder falsch. Ein krummer Baum ist einfach ein krummer Baum. Die Natur begegnet Rückschlägen auf ihre eigene Weise: mit Akzeptanz und Anpassung! Deshalb ist die Natur ein grossartiger Spiegel – auch für das, was wir vorschnell als Fehler bezeichnen.

Ein Baum, der sich in zwei kräftige Stämme teilt, ist nicht falsch gewachsen, sondern hat auf seine Weise auf die Lebensumstände reagiert. Was wäre, wenn auch wir unsere vermeintlichen Rückschläge nicht als Irrwege, sondern als natürliche Entwicklungsschritte sehen könnten?

Integration braucht Akzeptanz. Und Selbstmitgefühl.

Wie ein umgestürzter Baum neuen Lebensraum schafft, können auch unsere Erfahrungen fruchtbarer Boden für Entwicklung sein. Denn nicht alles, was krumm gewachsen ist, ist fehlerhaft; es ist einzigartig. Voraussetzung ist, dass wir bereit sind, anzuerkennen, was ist. Ohne Abwehr, ohne Schönreden, aber auch ohne Selbstverurteilung.

Dafür braucht es Selbstmitgefühl: Die Fähigkeit, sich selbst so zu begegnen, wie man einem guten Freund begegnen würde; mit Wärme, Mitgefühl und der Erlaubnis, nicht perfekt sein zu müssen.

Vom Stolpern zum Wachsen

Wenn wir lernen, mit Fehlern umzugehen und sie als Wachstumschance zu begreifen, begegnen wir auch unserer inneren Resilienz. Sie beschreibt die Fähigkeit, nach Rückschlägen wieder aufzustehen und weiterzuwachsen.

Die Natur ist voller Metaphern für diese Kraft: Pflanzen streben zum Licht, auch wenn Hindernisse ihren Weg versperren. Sie akzeptieren die Umstände und finden neue Lösungen. Verletzte Bäume umhüllen ihre Wunden mit schützendem Harz. Nicht immer schön anzusehen, aber umso kraftvoller in seiner Wirkung.

Natürliche Prozesse verlaufen zyklisch: Auf die Nacht folgt der Tag, nach Regen scheint die Sonne, auf Aktivität folgt Ruhe. Ein Bach sucht sich seinen Weg um Steine, Wurzeln und Gefälle – nie gerade, aber stets fliessend.

Nach einem Sturm erwächst oft eine überraschende Vielfalt: Wo Zerstörung war, entsteht Raum für Neues. Die Jahreszeiten lehren uns loszulassen und das Vertrauen in den nächsten Abschnitt. Was wäre, wenn ein Fehler einfach ein Wegweiser ist, der uns hilft, den Kurs zu ändern, statt das ganze Ziel und sich selbst zu hinterfragen?

Fehler tragen – nicht schleppen

Nicht jede falsche Abzweigung muss eine Krise sein. Umwege erweitern bekanntlich die Ortskenntnisse. Vögel sammeln immer wieder Zweige, bis ihr Nest wächst und Halt bietet. Die Natur lädt uns zur Versöhnung mit unseren Fehlern ein. Und milder mit uns selbst zu werden.

Versuche, spielerisch, neugierig und mit Leichtigkeit an deine Themen heranzugehen, denn auch das ist Natur. Fehler lassen sich am besten intuitiv meistern. Durch mutiges Ausprobieren, Dranbleiben und kontinuierliches Wachsen.

Naturimpuls für dich

Wenn dich also das nächste Mal Unbehagen oder Selbstzweifel plagen, geh hinaus in die Natur! Vielleicht hast du die Möglichkeit für einen Waldspaziergang; es geht aber auch im nächstgelegenen Park. Nimm ein paar bewusste Atemzüge, reduziere dein Schritttempo.

Und dann: Halte Ausschau nach etwas, das unvollkommen oder fehlerhaft wirkt. Ein verwundeter Baum, ein moosbedeckter Stein, ein krummer Ast.

Schau genau hin und frage dich: Was in mir verdient heute einen liebevollen Blick? Nicht als Versagen, sondern als ein wertvoller Teil meines Weges?

Abschlussgedanke

Fehler entstehen dort, wo wir lernen und wachsen dürfen. Auch die Natur ist nicht perfekt. Sie ist wandelbar, eigenwillig und lebendig. Und ist es nicht gerade dieser Wesenszug, welcher sie so faszinierend macht?

Unperfekte Pfade eröffnen uns Möglichkeiten, an die wir bisher gar nicht gedacht haben. Und zeigen, wie stark wir sind. Kein Blatt gleicht dem anderen. Warum also nach Perfektion streben, wo wir doch Teil eines natürlichen, individuellen und unvollkommenen Ganzen sind?


Über die Autorin

Empathisch, kreativ und mit dem Wald an ihrer Seite. Als Natur-Coach, betriebliche Mentorin und Kursleiterin für Waldbaden begleitet Susanna Roffler dich in Zeiten des Wandels, bei beruflichen Herausforderungen und auf deinem Weg zu mehr Achtsamkeit und innerer Stärke.

Die Natur ist für sie Kraftquelle, Inspirationsraum und Lehrmeisterin – genau dort unterstützt sie dich dabei, deine eigenen Ressourcen (wieder) zu entdecken.

Waldliachtig.ch
Susanna Roffler

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