Wer Stress hat, hat den Sinn des Lebens nicht erkannt
Klingt provokativ, nicht wahr? Meine ich aber genauso. Denn wenn ich etwas richtig gut kann, dann ist es mit der Zeit umzugehen.
Autorin: Eva Fankhauser
«Hast du eine gute Chefin?» «Na ja, besser als der letzte Chef. Aber ich würde an ihrer Stelle auch einiges anders machen.» Führung betrifft uns alle, ob als Mitarbeitende, Vorgesetzte oder UnternehmerInnen. Wir alle haben unsere eigene Vorstellung, was gute Führung ist und wie eine Führungskraft zu handeln hat. Dieses Bild hat sich aber im Laufe der Zeit geändert. Was galt früher als gutes Führungsverhalten und was erwarten Mitarbeitende heute?
Als wir diesen Frühling unseren Umzug vorbereitet haben, war klar: Das ist die perfekte Gelegenheit auch unsere Bücher gründlich auszusortieren und Platz zu schaffen. Von unserem Aufräum-Aktionismus betroffen war schon fast historische Fachliteratur zum Thema «Führung». Beim Durchblättern musste ich teilweise schmunzeln, lachen oder den Kopf schütteln. Denn in verschiedener Hinsicht waren die Bücher definitiv nicht mehr zeitgemäss. In einem Führungsbuch sind beispielsweise verschiedene beobachtbare Verhaltensweisen von Mitarbeitenden, deren Ursache und die passende Reaktion darauf aufgeführt. Nur schon dieses Schematisieren von Alltagssituationen fand ich befremdlich. Empfehlungen wie diese bestätigten meinen ersten Eindruck: Wenn eine Führungskraft beobachtet, dass eine Person «ungehorsam» ist, gibt es gemäss Autoren mehrere mögliche Ursachen. So könnte dieses Verhalten eine persönliche Eigenschaft, ein Machtspiel/eine Provokation oder mangelnde Bereitschaft zur Unterordnung sein. Als angemessene Reaktion darauf werden verschiedene Massnahmen wie die Verstärkung von Kontrollen empfohlen. Hier und an diversen anderen Stellen im Buch werden die Wichtigkeit von Hierarchie und Kontrolle betont. Vereinfacht zusammengefasst: Die Führungskraft gibt vor, die Mitarbeitenden führen aus, die Führungskraft kontrolliert. Alles klar! Doch wie motivierend ist das für Mitarbeitende? Und bleiben so nicht das Wissen und Potenzial von kompetenten Mitarbeitenden ungenutzt?
Zur traditionellen Führungspersönlichkeit: Denke ich an eine traditionelle Führungskraft, denke ich an eine charismatische Persönlichkeit mit einer hohen Leistungsorientierung, einer klaren Meinung, einem hohen Durchsetzungsvermögen, die immer weiss, was zu tun ist. Schilderungen aus meinem Freundeskreis, aber auch von KundIinnen entnehme ich, dass die traditionellen Führungskräfte als «Macher-Typen» gesehen werden, die viel leisten und ihren Fokus im Leben fast ausschliesslich auf die Arbeit richten. Ein richtiger Leader geht weit voraus.
Ist das heute immer noch so? Welche Erwartungen haben die heutigen Mitarbeitenden an ihre Führungskraft?
Gegenüber Kontrollen und unmissverständlichen, vielleicht nicht nachvollziehbaren Ansagen von oben sind Mitarbeitende heute kritischer eingestellt. Die Mitarbeitenden, vor allem die jüngeren, hinterfragen mehr: Seien dies Entscheidungen, bestehende Strukturen oder Prozesse. Das kann vor allem für ältere Führungskräfte herausfordernd sein, da sie sich dieses Verhalten nicht gewohnt sind. Ich war auch schon überrascht, als mir eine junge Führungskraft erzählt hat, wie sie die Haltung des Geschäftsführers in einem Thema während der Geschäftsleitungssitzung offen kritisch hinterfragt hat. Wahrscheinlich hat die eine oder andere in der Sitzung anwesende Person leer geschluckt. Für das bestehende System (bisherige Geschäftsleitung) ist das Hinterfragen im Moment vielleicht unangenehm, aber mutig und wertvoll für das Unternehmen.
Für heutige Mitarbeitende ist die Sinnhaftigkeit zudem elementar. Sie möchten einer Arbeit nachgehen, in der sie einen Sinn sehen. Das klingt komplex, denn verschiedene Personen definieren «Sinn» unterschiedlich. Dass beispielsweise eine Fachperson in der Pflege einer sinnhaften Tätigkeit nachgeht, ist unbestritten. Doch wie kann beispielsweise die Arbeit eines Revisors als sinnhaft angesehen werden? Und wie kann ich als Führungskraft die Sinnhaftigkeit erhöhen? Das kann mir beispielsweise gelingen, wenn ich meinen Mitarbeitenden den Beitrag ihrer Arbeit zum Ganzen aufzeige, wie zum Beispiel ihren persönlichen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele. Diesen Beitrag zu sehen, motiviert die Mitarbeitenden und sie sind bereit viel zu leisten.
Was weiter zeichnet eine moderne Führungskraft aus?
Bei der Begleitung von neuen Führungskräften fällt mir immer wieder auf, dass es Zeit braucht, bis sie wissen, was ihnen wichtig ist, wie sie auftreten und führen möchten. Oft haben die Nachwuchskräfte Bilder von Führungskräften im Kopf und wissen genau, was sie anders und besser machten möchten als ihre (früheren) vorgesetzten Personen. Sie setzen sich manchmal selbst unter Druck, weil sie möglichst selbstsicher und kompetent wirken möchten. Sie setzen alles daran, ernstgenommen zu werden. Dieses manchmal etwas verkrampfte Streben nach Perfektion und makelloser Fassade als Führungskraft ist anstrengend. Eine Führungskraft, die keine Schwäche zeigen möchte, kann schnell als überheblich und arrogant wahrgenommen werden. Wichtig in diesem Zusammenhang scheint mir die Authentizität. Als authentische Führungskraft bin ich mir und meinen eigenen Werten treu. Das ist nicht immer ganz einfach. Für mich gehört dazu, dass ich als Führungskraft zugeben kann, wenn ich beispielsweise etwas nicht weiss oder einen Fehler mache. Dass ich auch mal zugeben kann, dass es mir heute nicht blendend geht oder ich nicht alles im Griff habe. Denn das macht mich schlussendlich menschlich und für meine Mitarbeitenden greifbar. Und ist es nicht genau das, was künstliche Intelligenz noch nicht leisten kann?
Eva Fankhauser ist ausgebildete Arbeits- und Organisationspsychologin und unterstützt Teams und Einzelpersonen dabei, Herausforderungen im Beruf- und Privatleben erfolgreich zu bewältigen. Sie ist davon überzeugt, dass sich eine optimierte Arbeitsweise nicht nur positiv auf die Leistungsfähigkeit, sondern auch auf die Work-Life-Balance auswirkt.
BäRa Dienstleistungen GmbH
Eva Fankhauser
Telefon: +41764925199
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