«Employer Branding» – wie du als KMU deine Arbeitgeberattraktivität steigerst
Autor: Ewa Christina Ming, ming agentur ag
Der Fachkräftemangel ist in aller Munde und die meisten Branchen sind davon betroffen. Gemäss einer aktuellen KMU Studie der Credit Suisse haben zwei Drittel der KMU Mühe, ihre Stellen zu besetzen. Der Kampf um Talente und qualifizierte Fachkräfte ist in vollem Gange. Wie gelingt es KMU trotzdem, qualifizierte Fachkräfte erfolgreich anzuziehen? Und vor allem solche, die abseits der Städte zu Hause sind und zusätzlich keine klingenden Firmennamen wie Google, IBM, Nestlé etc. als Magnet haben? Das Schlagwort heisst: «Employer Branding». Denn gerade für agile, zukunftsgerichtete KMU ist der digitale Wandel mit New Work, wo der Mensch und die Mitarbeiterzufriedenheit im Zentrum stehen, eine riesige Chance, um an gute Fachkräfte zu kommen und damit als attraktiver Arbeitgeber zu punkten. Hinzu kommt, dass viele Mitarbeiter durch die Pandemie ihre neu gewonnenen Freiheiten nicht mehr abgeben möchten. Es ist ihnen wichtig, Beruf und Privatleben in Einklang zu halten und bei verständnisvollen, flexiblen Firmen zu arbeiten, die zwar fair entlöhnen aber auch Möglichkeiten für Weiterentwicklung bieten. Mitarbeiter wünschen sich bei Firmen zu engagieren, die ihre eigenen ethischen Werte ebenfalls teilen, das heisst in einem Unternehmen mit einem «brand with purpose». Wichtig ist nicht nur das Was, sondern auch das Warum und Wie.
Viele Faktoren sind gerade für KMU ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Grossunternehmen, da sie schneller in der Umsetzung der Mitarbeitermarketing Massnahmen sein können. Integriere daher die Personalstrategie in deiner Unternehmensstrategie!
Was ist die Arbeitgeberattraktivität?
Die Arbeitgeberattraktivität beschreibt die Anziehungskraft, die ein Arbeitgeber auf Bewerber und Mitarbeiter hat. Je höher die Arbeitgeberattraktivität wahrgenommen wird, desto leichter ist es für Unternehmen, qualifizierte Fachkräfte für sich zu gewinnen und bestehende Mitarbeiter zu halten.
Die Attraktivität hängt direkt mit dem Arbeitgeberimage zusammen und ist ein direktes Ergebnis des Employer Branding. Dieses setzt unter anderem Massnahmen ein, um das Unternehmen als Arbeitgeber attraktiver zu machen, um im «War for Talents» positiv aufzufallen.
Einerseits präsentierst du dich positiv am Arbeitsmarkt, um Bewerber auf dich aufmerksam zu machen (externe Arbeitgeberattraktivität). Andererseits triffst du im Zuge des Employer Branding Massnahmen, die die Mitarbeiterbindung stärken sollen (interne Arbeitgeberattraktivität).
Aus meinen Erfahrungen und Gesprächen erscheinen mir folgende Punkte wichtig, die du als KMU jederzeit optimieren und implementieren kannst, um bei Stellensuchenden zu punkten:
1. Attraktive, aussagekräftige Website und gepflegte Social Media Kanäle
Die Website ist deine digitale Visitenkarte. Stellensuchende informieren sich zuerst online und machen sich so ein sehr vordefiniertes Bild über die Firma. Für Arbeitgeber ist es also wichtig, sich diesem «Scan»-Prozess bewusst zu sein. Schaue daher deine Website aus der Sicht eines Stellensuchenden an! Erkennt er, welche Werte du teilst und was dir wichtig ist? Sind die News auch wirklich aktuell? Wird die Unternehmenskultur kommuniziert? Du musst daher auf der Website transparent und offen auftreten. Am besten schaust du, wie es die grossen Firmen bewerkstelligen. BMW Group legt beispielsweise Tipps für eine erfolgreiche Bewerbung auf ihrer Webseite offen und kommuniziert den Bewerbungsprozess transparent. Dies ist schon von Beginn an, ein positives Erlebnis für Stellensuchende und schafft in der Basis vertrauen.
Besonders wichtig sind auch gepflegte, aktuelle Social Media Kanäle. Postest du z.B. aktuelle Veranstaltungen und Stories der Mitarbeitenden, um ein Wir-Gefühl zu vermitteln? Zeigst du authentische Einblicke in den Arbeitsalltag oder legst Benefits und Aspekte der Unternehmenskultur offen dar? Dies tun namhafte Firmen wie z.B. Lufthansa mit ihrer Kampagne «We are Lufthansa», die ein reger Austausch mit Followern pflegt und verschiedene Image-Videos auf Youtube veröffentlicht. Ähnlich das Consulting-Unternehmen McKinsey: Es stellt Mitarbeiter in kurzen Interviews vor und zeigt so Wertschätzung.
2. Kommuniziere deine Werte und deinen «Purpose»
Damit sich zukünftige Mitarbeitende für deine Firma überhaupt interessieren und sich auch identifizieren könnten, musst du deine Werte offen kommunizieren. Der «Purpose» bezeichnet die wirtschaftsethische Haltung eines Unternehmens. Es geht um die Daseinsberechtigung von der Firma respektive der Marke jenseits der reinen Profitorientierung. Brand Purpose macht dich für gerade jüngere Talente relevant und interessant. Auch hier können wir von den Grossen lernen. So investiert zum Beispiel Nike in drei Bereiche: People, Planet, Play. Um dem eigenen Purpose zu genügen, erarbeitete Nike Programme wie zum Beispiel Diversität, Recycling und Bewegungsförderung für Kinder. Dies macht den Sneaker von Nike zum Statement. Purpose Branding ist daher auch ein Wettbewerbsvorteil für KMU. Denn bei Werten geht es immer um Menschen, und dies kann ein KMU relativ einfach bewerkstelligen, in dem es einzelne Mitarbeiter authentisch und schnell ins Zentrum stellen kann, da sich ja meistens alle kennen – vom Chef bis zum Lehrling.
Für KMU in ländlichen Gegenden empfehle ich zudem Sponsoren-Engagements in Sportvereinen oder passenden Institutionen, um als sympathischer, engagierter Arbeitgeber in der Region zu wirken. Dies hilft Stellensuchenden sich mit der Firma besser zu identifizieren und schafft regionale Nähe.
Mein Tipp für Social Media Content: Reden mit deinen Mitarbeitenden. Wieso sind diese stolz, für dich zu arbeiten? Welche Prinzipien sind ihnen wichtig? Nicht selten überschneiden sich die Argumente der Mitarbeiter mit denen der Kunden. Spreche auch mit deinen Kunden. Was ist für sie das Besondere an deiner Marke oder Service? Teile diese Statements auf der Website und den Social Media Kanälen. Schreibe, was du tust, um deine Mitarbeiter zu befähigen und was du Gutes für den Planeten tust. Ethisch engagierte und umweltfreundliche Unternehmen punkten bei Arbeitnehmern. Nachhaltigkeit steigert die Arbeitgeberattraktivität, aber sie kann nur mit Authentizität überzeugend vermittelt werden. Kommuniziere dies mit z.B. Videobotschaften und kleinen Films.
3. Top Infrastruktur, digitale Prozesse und neueste Technologien für hybrides Arbeiten
Neue Arbeitsformen und das hybride Arbeiten sind für viele Arbeitnehmer – also im Büro wie auch unterwegs oder von zu Hause – das «neue Normal». New Work und «Smart Working» sind eine Chance und ein echter Wettbewerbsvorteil für KMU, die hybrides Arbeiten ermöglichen. New Work verlangt ein Zusammenspiel von Menschen, Arbeitsorten und Technologie. Sei daher auf dem neusten Stand und biete in einer Cloud-Ablage den Zugang von überall her auf die Daten an.
Und wie ist dein Büro eingerichtet? Arbeit soll auch Spass machen, Freude bereiten und Kreativität fördern – und dies schlussendlich die Produktivität steigern! So muss das Büro zeitgemäss und innovativ gestaltet sein, um bei Talenten zu punkten. Viele Firmen konzipieren daher neue kreative «Spaces» als Arbeitsbereiche, um zusammenzuarbeiten oder sich zurückziehen zu können. So wird Innovation entfacht, die Produktivität und die Mitarbeiterzufriedenheit gesteigert.
Ebenfalls ist es von Vorteil, wenn du die Gesundheit deiner Mitarbeiter unterstützt, indem du über Mittag genügend Zeit einräumst, um eine Yogastunde oder ein Fitnessstudio zu besuchen. Du zeigst dadurch deine Wertschätzung deinen Mitarbeitern gegenüber.
4. Biete Weiterbildungen, Eventteilnahmen und gute Aufstiegschancen an
Wenn Mitarbeiter dank Kursen, Seminaren und Events in ihrer Entwicklung gefördert werden, motiviert dies. Die Arbeiter bringen neue Ideen ins Unternehmen, was die Performance und Attraktivität des Unternehmens stärken. Wichtig ist, dass das Unternehmen in die Leute investiert, sie wertschätzt und Weiterbildungen ermöglicht, die auch die Person selbst weiterbringt. Dies schafft Vertrauen und Loyalität und du erhältst Mitarbeiter, die du mit viel Knowhow befördern kannst.
5. Flache Hierarchien und selbstverantwortliches Handeln
Mitarbeiter wollen proaktiv und selbstverantwortlich handeln. Flache und unkomplizierte Kommunikationswege fördern dies. Dieser Trend des New Work wurde durch die Digitalisierung ausgelöst, aber auch durch den Wertewandel der jüngeren Generation. Autorität soll möglichst gleichmässig auf die Mitarbeitenden verteilt werden. KMU punkten in dieser Hinsicht besonders. Alle sollen eingebunden werden und in einem Unternehmen die Arbeitswelt mitgestalten können. Dies kann jedoch nicht von einem auf den anderen Tag erreicht werden, sondern braucht Schulungen für alle Involvierten, damit alle auf dem gleichen Stand sind.
6. Mitgestaltung, Einbindung in Entscheide, Engagement und Dialog
Mitarbeiter möchten ihre Zufriedenheit oder Denkanstösse kommunizieren können und über eine möglichst hohe Autonomie und Selbstbestimmung am Arbeitsplatz verfügen. Denn jedes Individuum hat einen einzigartigen Mix aus Ressourcen und Talenten. Hast du dazu ein Tool oder machst du regelmässige Umfragen und führst persönliche Gespräche? Es gibt auch neue Plattformen und Tools, die täglich Impulse geben wie z.B. Impulzity. Aktiviere das Potential deiner Mitarbeiter!
7. Das Wir-Gefühl – und es darf auch zelebriert werden!
Um sich langfristig als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren, sollte sich in deinem Unternehmen möglichst ein Wir-Gefühl entwickeln. Junge Arbeitnehmer wollen in dynamischen Teams arbeiten, wo Erfolge gefeiert werden. Zudem sollten regelmässige Happenings kleine unvergessliche Erlebnisse bieten, die sich emotional positiv mit dem Arbeitgeber verankern. Dies kann ein Apéro sein für eine bestandene Lehrabschlussprüfung oder das gemeinsame Erreichen des Monatsumsatzes, welcher gefeiert wird. Ein live Firmenanlass kann nach der Pandemie ebenfalls wieder den Teamgeist stärken.
8. Kooperationen und Allianzen für KMU Arbeitgeberattraktivität eingehe
Auch wenn deine Firma wenige Mitarbeiter hat, kannst du mit grossen Corporates oder anderen KMU gemeinsam Allianzen bilden z.B. für eine Teilnahme an einer Absolventenmesse, den Zugang zu einem Fitness Center, Kantine oder einer Kita eines Corporates. Das Problem von KMU ist meist die geringe Markenbekanntheit. Die inform GmbH, ein Engineering Partner mit Schwerpunkt auf Automotive/Fahrzeugtechnik sowie Maschinen- und Anlagenbau, ging deshalb eine Kooperation mit Audi ein. Zusammen organisierte man einen Event, an welchem man Talenten interessante Perspektiven aufzeigte. Bewerbern ist oft nicht bewusst, dass KMU die Zulieferer der Grosskonzerne sind. So färbt ein Teil des Glanzes der Grossen auf die Kleinen ab.
Fazit:
Für eine gute Arbeitgeberattraktivität sind im digitalen Zeitalter ein authentischer Markenzweck (brand purpose), gepflegte Social Media Kanäle, eine klar kommunizierte Mission und eine gute Firmenkultur wichtig, wo du die Bedürfnisse der Mitarbeiter stetig analysierst und berücksichtigst. Arbeitnehmer wollen sich mit dem Unternehmen identifizieren können und gefördert werden. Es sind weniger die finanziellen Anreize wie ein Fitnessabonnement oder GA, sondern ein erhöhtes Vertrauen, das von Arbeitnehmern geschätzt wird. Unternehmen sollten Wert legen auf eine gute Work-Life Balance, Weiterbildungen, angenehme und flexible Arbeitsorte sowie selbstverantwortliches Handeln. Kooperationen und Verbünde helfen, gemeinsam an gefragte Talente zu gelangen. Bleibe daher stetig am Ball und bemühe dich um Bewerber/innen und schaffe Anreize.
Und last but not least lohnt sich vielleicht eine Zertifizierung als «Great Place to Work». Die attraktivsten Arbeitgeber erhalten eine Auszeichnung und werden gelistet auf der Webseite. Auf Rang 1 «Best Workplace Schweiz 2022» steht ein KMU, nämlich UMB aus Cham, einem Experten für Digitalisierung aus der Branche der Informations- und Telekommunikationstechnologie. «Great Place to Work» erhebt und analysiert Daten, um die Arbeitskultur in Unternehmen messbar zu machen. Im Mittelpunkt steht dabei die Potenzialentfaltung aller Mitarbeitenden. Auszeichnungen und Standardisierung finden in unserer immer komplexer werdenden Welt immer mehr Anklang.
Über die Autorin
Ewa Christina Ming ist Mehrfachgründerin und Agenturinhaberin der ming agentur ag in Zürich und Initiantin von «Innovation World Switzerland», eine Community und ein Think Thank für nachhaltige Innovation, welches interdisziplinär zukunftsweisende Geschäftsentwicklung fördert und ”Young Future Leader” mit Firmen vernetzt.
Ewa Christina Ming
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